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Würden Pferde- bzw. Tierfreunde noch Schweinefleisch essen, wenn sie das wüssten

…oder wenn ihnen diese Zusammenhänge bewusst wären?

 

Vor kurzem habe ich von der Tatsache erfahren, dass in Südamerika auf sog. „Blutfarmen“ trächtige Stuten systematisch ausgebeutet und gequält werden, um aus ihrem Blut das Hormon PMSG (Pregnant Mare Serum Gonadotropin) zu gewinnen.

Die ungeborenen Fohlen sterben lt. Recherchen und Aussagen von zwei namhaften Tierschutzorganisationen meist schon durch die Strapazen des ständigen Blutentzugs im Mutterleib oder werden per Hand abgetrieben, was mit großen Schmerzen für die Stuten verbunden ist, damit diese schnell wieder schwanger werden.

Dieses Hormon wird auch in Deutschlands Tierzucht eingesetzt, insbesondere um den Sexualzyklus von Schweinen zu beeinflussen, damit Jungsauen früher und gleichzeitig geschlechtsreif und nach dem Absetzen der Ferkel schneller wieder brünstig werden, was die Schweinemast einerseits vereinfacht und zudem „produktiver“ macht.

Weiterer Effekt ist, dass überdurchschnittlich oft Sauen mehr Ferkel zur Welt bringen, als sie ernähren können. Das führt dazu, dass überzählige Ferkel „beseitigt“ werden, was in manchen Zuchtbetrieben bedeutet, diese Tierkinder einfach zu erschlagen – gegen Wände, auf den Boden, schnell und kostengünstig.

Von der Albert-Schweitzer-Stiftung wurde in ihren „Tierschutznachrichten 23/24 – 2017“ ein Video zur Verfügung gestellt. Wen es interessiert, hier der Link: https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/hormonhandel-pferdeblut-fuer-schweinefleisch
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Aus unserem Landwirtschaftsministerium heißt es, „man habe mit den betreffenden Ländern in Südamerika über das Thema gesprochen“. „Es sei auf Verbesserungen bei Haltung und Nutzung der Pferde hinzuwirken“, und „die systematische Abtreibung der Fohlen sei mit dem hiesigen Tierschutzverständnis unvereinbar und in ethischer Hinsicht problematisch“…

Ich habe keine Worte für derartige Zusammenhänge; ich lebe in Deutschland, im 21. Jahrhundert, einem Land, in dem man Kinder nicht mehr ungestraft schlagen darf, selbst Schwerstkriminellen eine menschenwürdige Behandlung zuteilwird, und es eigentlich ein Tierschutzgesetz gibt, welches das „Zufügen von Schmerzen, Leiden oder Schäden ohne vernünftigen Grund unter Strafe“ stellt.

Mein Mann sagt oft zu mir: „Warum schaust Du Dir so etwas an?“ Ja, es fällt mir unglaublich schwer, diese Videos anzusehen, ich kann das eigentlich nur vormittags, aber nicht abends vor dem Schlafengehen, und dabei kommen mir oft die Tränen.

Aber nicht hinzuschauen ist keine Alternative, es führt zur Verdrängung und dann doch wieder zu der hie und da „ausnahmsweisen“ Unterstützung dieses ungeheuerlichen Systems, zur „Unterhaltung“ mit unserem „Verhalten“, unserem Wegschauen, den gelegentlichen Ausnahmen: doch wieder das Sonderangebot aus dem Supermarkt, die Currywurst auf dem Marktplatz, Bacon zum Frühstück im Hotel…

Deshalb glaube ich, wir müssen es wagen, uns diesen Bildern zu stellen – und dann handeln, oder wenigstens etwas unternehmen: nämlich den (Schweine-)Fleischkonsum von Herstellern unterlassen, die nicht ausdrücklich bestätigen oder nachweisen, dass sie mit solchen Praktiken nichts zu tun haben. Oder ganz auf (Schweine-)Fleisch verzichten. (Ich selbst esse seit fast 40 Jahren aus gesundheitlichen Gründen kein Schweinefleisch, seit knapp zwei Jahren aus ethischen Gründen nahezu kein anderes Fleisch mehr.) Ich bin längst nicht perfekt. Völlig vegetarisch oder gar vegan leben mein Mann und ich (noch) nicht, aber wenn Fleisch, dann von einem lokalen Bioladen, der von Bio-Höfen aus der Region beliefert wird.

Natürlich bin ich hier im Konflikt mit mir selbst wegen des Katzenfutters. Meine sehr alte Katze Lea (23) frisst nur noch bestimmte Sorten Dosenfutter, das sicher kaum von Tieren aus artgerechter Haltung kommt, aber diesen Kompromiss muss ich eingehen, solange sie noch lebt. Das zugekaufte Hühnerfleisch kommt von freilaufenden Hühnern.

Richard David Precht sagte in einem Interview für „Schrot und Korn“ (kostenloses monatliches Magazin in Bioläden, sehr lesenswert) im Mai, es werden nicht die Veganer sein, die das Desaster der Massentierhaltung beenden, sondern „Cultured Meat“, also Fleisch aus der Retorte.

Bis dahin jedoch ist es ein langer Weg, und wir sollten uns fragen, ob wir darauf warten nach der Devise: „Es muss sich dringend etwas ändern“ – oder selbst handeln wollen.

Ich bin für „selbst handeln“ und Mitverantwortung übernehmen. Auch weil ich an die Macht von uns Konsumenten glaube, die schon viele Dinge auf dieser Welt auf diese Weise verändert haben.

Astrid Hornig-Kühnel
Tierpsychologin Katze (ATN)

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